Geschichte

Forschung am Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke

Bereits mit der Konzeptionierung und Gründung des Gemeinschaftskrankenhauses Herdecke durch PD Dr. med. Gerhard Kienle [1-6] war auch klar, dass die ärztlichen Tätigkeiten innerhalb des Krankenhauses der Wissenschaft und der Forschung bedurften. PD Dr. med. Gerhard Kienle führte in diesem Rahmen grundlegende methodische Untersuchungen über die Rolle des naturwissenschaftlichen Experiments in der Medizin und den kontrollierten randomisierten klinischen Versuch durch. Weiterhin sollten auch Therapieansätze aus der Anthroposophischen Medizin (weiter)entwickelt und wissenschaftlich zugänglich gemacht werden. Aus diesem Grund existierten Ende der 1970iger Jahre folgende Forschungsabteilungen, teilweise basierend auf der eigens begründeten 'Gesellschaft für angewandte Wissenschaften (GaW)' [7]:

  • GaW-Institut für klinische Pharmakologie und Statistik
  • Klinisch-pharmakologisches Labor
  • GaW-Abteilung für Klinische Forschung Musiktherapie
  • Cultura-Institut für biophysikalische Forschungen
  • GaW-Cultura-Abteilung Klinische Forschung Herz-Kreislauf

Die wissenschaftliche Arbeit schlug sich in zahlreichen Veröffentlichungen nieder (siehe unter anderem Publikationen vor 1987). Auf diesem Wege wurde u.a. die Anthroposophische Medizin gesetzlich verankert, auch wenn dies nicht automatisch eine wissenschaftliche Anerkennung bedeutete. Weiterhin unterstützten die Abteilungen die Mitarbeiter des Krankenhauses in ihrer klinisch-therapeutischen Forschungsarbeit durch methodische Beratung, Dokumentation, Datenverarbeitung, statistische Auswertung und einen Literaturdienst. So wurden etwa basierend auf Fragestellungen aus der Inneren Medizin Studien geplant und durchgeführt, insbesondere zu Digitalis (Fingerhut), Crataegus (Weißdorn) und zum Krankheitsbild der Sarkoidose. Auch nach dem Tod von Gerhard Kienle im Jahre 1983 wurde weiterhin an der Problematik des randomisierten Therapieversuches, der Arzneimittelzulassung sowie der Gesundheitspolitik und -ökonomie gearbeitet, vor allem durch Kienles Mitarbeiter Rainer Burkhardt. Allerdings konnte die Vielfalt der Forschungsabteilungen nicht erhalten werden, es blieb aber immerhin die Forschungsabteilung für Klinische Forschung Herz-Kreislauf erhalten.

Ende der 1980er Jahre bildete sich durch die Zusammenarbeit von Prof. Dr. rer. medic. Peter van Leeuwen und Prof. Dr. med. Hans-Christoph Kümmell das zeitliche Verhalten des menschlichen Herzschlages als ein zentrales Arbeitsthema in der Forschungsabteilung heraus. Zunächst wurde das Augenmerk auf die Herzzeitintervalle gerichtet. Insbesondere wurde deren Beeinflussung durch Atmung und körperliche Belastung sowie deren Abhängigkeit von der Körperposition untersucht. Dr. rer. nat. Henrik Bettermann führte dann Anfang der 1990er Jahre die Analyse der Herzschlagfolge ein (Herzratenvariabilität - HRV, Analyse von nichtlinearen Eigenschaften in der Herzschlagfolge beruhend auf der Chaostheorie), die dann ab Mitte der 1990iger Jahre gemeinsam mit dem Physiker Prof. Dr. rer. nat. Dirk Cysarz weiterentwickelt wurde. 2003 wurde die Forschungsabteilung aufgelöst, das Gemeinschsaftskrankenhaus versuchte auf anderen Wegen Wissenschaft und Forschung zu fördern. Heute werden die unterschiedlichen Forschungstätigkeiten am Gemeinschaftskrankenhaus im Forschungs- und Lehrzentrum zusammengefasst.

Anfang 2004 begann das Integrierte Begleitstudium Anthroposophische Medizin an der Universität Witten/Herdecke mit der Ausbildung von Studierenden, die ergänzend zum Medizinstudium auch die Grundlagen der Anthroposophischen Medizin erlernen wollten. Gleichzeitig begann eine enge Zusammenarbeit mit Prof. Dr. med. Friedrich Edelhäuser.  Er ist unter anderem für das Begleitstudium tätig und hat darüber hinaus ein großes Interesse an Themen zu den rhythmischen Prozessen im menschlichen Organismus. Es ergab sich eine fruchtbare interdisziplinäre Zusammenarbeit. Seitdem ist diese Arbeitsgruppe daher am Begleitstudium verortet.

 

Literatur:

  1. Selg P. Gerhard Kienle - Leben und Werk. Verlag am Goethenum, Dornach, 2003
  2. Wikipedia-Eintrag zu Gerhard Kienle, https://de.wikipedia.org/wiki/Gerhard_Kienle
  3. Selg P. Gerhard Kienle, Kurzbiographie auf kulurimpuls.org, https://biographien.kulturimpuls.org/detail.php?&id=175
  4. R Gross, Gerhard Kienle (Buchbesprechung zur Kienle-Biographie), Dtsch Arztebl 2003; 100(47): A-3090
  5. G. Kienle. Die Würde des Menschen und die Humanisierung der Medizin. Hrsg.: P. Selg. Verlag des Ita Wegman Instituts, Arlesheim, 2009
  6. P. Selg. Gerhard Kienle und die Universität Witten-Herdecke - Ärztkliche Ausbildung und Ethik. Verlag des Ita Wegman Instituts, Arlesheim, 2017
  7. Berichtsheft 'Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke', 1979(?), S. 21f.

 

 

Publikationen vor 1987

 

  • BURKHARDT R Randomisierter Therapieversuch und individuelle Therapiebeurteilung. Aktuelle Onkologie 1988 48:
  • KÜMMELL HC; HECKMANN C Der Herzinfarkt als Versagen der rhythmischen Mitte. Acta Med Empir 1986 35: 75-84
  • KONECZNY O; MARX C; VAN LEEUWEN P Die Korium-Interpositionsplastik des Ellenbogen- und Handgelenkes. Hand Mikrochir Plast Chir 1985 17: 18-22
  • KÜMMELL HC; KIENE H Behandlung der latenten und manifesten Herzinsuffizienz mit Gitoformat. In: Rietbrock N, Schlepper M, Busanny-Caspari E. eds. Gitoformat, ein nicht-nierenpflichtiges Digitalis-Glycosid. Braunschweig: Vieweg 1984 115-123
  • KONECZNY O; MARX C; VAN LEEUWEN P Die Korium-Interpositionsplastik an Ellenbogen-, Hand- und Fußgelenken. MMW 1983 125: 260-262
  • KONECZNY O; MARX C; VAN LEEUWEN P Die Korium-Interpositionsplastik des Fußgelenkes. Unfallheilkunde 1983 86: 400-406
  • KÜMMELL HC; BUCHNER C; MARX C Zur Frage der Therapiebeurteilung bei Sarkoidose. Rheumamedizin 1983 5: 120-124
  • KIENLE G; BURKHARDT R Der Wirksamkeitsnachweis für Arzneimittel - Analyse einer Illusion. Stuttgart 1983
  • BURKHARDT R, KIENLE G Basic problems in controlled trials. J Med Ethics 1983 9(2): 80-4
  • KÜMMELL HC; SCHREIBER K; KIENLE G Untersuchung zur Ermittlung einer individuellen Digitoxindosis. MMW 1982 124: 545-549
  • KONECZNY O; MARX C; VAN LEEUWEN P Korium-Interpositionsplastik des Kniegelenkes. MMW 1982 124: 260-262
  • KÜMMELL HC; SCHREIBER K; V KOENEN J Untersuchung zur Therapie mit Crataegus. Herzmedizin 1982 5: 157-165
  • KÜMMELL HC; SCHREIBER K; KIENLE G Untersuchung zur Ermittlung einer individuellen Digitoxindosis MMW 1982 142: 545-549
  • BURKHARDT R, KIENLE G Controlled trials - a social challenge. Eur J Clin Pharmacol 1981 20: 311-317
  • KÜMMELL HC Welche Digitalis-Behandlung ist gegenwärtig noch vertretbar? MMW 1980 122: 787-791
  • BURKHARDT R, KIENLE G Controlled clinical trials and drug regulations: a report of recent developments in the Federal Republic of Germany. Controlled Clin Trials 1980 1 (2): 153-66
  • BURKHARDT R, KIENLE G Controlled clinical trials and medical ethics. Lancet 1978 2 (8104-5): 1356-9
  • KIENLE G Arzneimittelsicherheit und Gesellschaft. Stuttgart: Schattauer 1974
  • (further literature of PD Dr. Gerhard Kienle on request / weitere Literatur von PD Dr. Gerhard Kienle auf Anfrage)

 

 

Prof. Dr. rer. nat. Dirk Cysarz
- Integriertes Begleitstudium Anthroposophische Medizin
- Institut für Integrative Medizin
Fakultät für Gesundheit, Department für Medizin
Universität Witten/Herdecke
Gerhard-Kienle-Weg 4
D-58313 Herdecke